BMW Motorrad International GS Trophy 2022 Southeast Europe – Berichte der ersten vier Tage...

vor 2 Jahren

Zusammenfassung von Tag 1.

Lage: Burg von Berat, Albanien

Wetter: Sonne/Wolken, 28º C

Kurs: 200 km: Von Kavaje zur Burg von Berat

Geländearten: 65 km Asphalt, 135 km-Gelände

Tests: SP1: ‚Welcome Trial‘, SP2: Holta Enduro-Runde

Die drei bestplatzierten Männerteams: 
1. Vereinigtes Königreich, 2. Thailand, 3. Südafrika

Die drei bestplatzierten Frauenteams:
1. Deutschland, 2. Südafrika, 3. Mexiko

 

Burg von Berat, Albanien. Die BMW Motorrad International GS Trophy 2022 legte heute einen spektakulären Start hin. Die Teilnehmer:innen brachen vom Basislager in Kavaje an der Adria in Richtung Landesinneres auf, durchquerten die Küstenebene des westlichen Tieflands und stellten sich dann einer anspruchsvollen Fahrt in den Bergen, bevor sie schließlich das atemberaubende UNESCO-Weltkulturerbe, die Burg von Berat, erreichten.

 

Wie immer bei diesem Event waren die GS-Trophy-Fahrer:innen schon vor dem Morgengrauen wach und hatten ihre Zelte vor dem Aufruf zum Frühstück um 6:00 Uhr abgebrochen, um für den Start um 7:00 Uhr gewappnet zu sein. Die Teams starteten paarweise im Abstand von fünf Minuten. Keine 15 Minuten später mussten sie sich bereits ihrer ersten Sonderprüfung, dem „Welcome Trial“ auf einem zerklüfteten Bergrücken oberhalb der Küste, stellen. Michael Littlewood vom Team Mexiko absolvierte als erster GS-Trophy-Fahrer eine Wertungsetappe und brachte damit den Wettbewerb ins Rollen. Das mexikanische Team war offensichtlich gut vorbereitet: Mit einer Kombination aus Schnelligkeit und Präzision setzte es einen Maßstab, den die folgenden 20 Teams toppen mussten.  

 

Danach folgten die Teams auf ihrer Fahrt in östlicher Richtung ins Landesinnere Albaniens einem Mix aus Straßen und Trails. Eine tolle Fahrt! Das Tiefland war nicht so flach, wie man vielleicht erwarten würde, sondern hügelig und das erwartete Flachland beschränkte sich auf die Flussebenen. Die ländliche Kultur Albaniens brachte die GS-Fahrer:innen zum Staunen. Hier bot sich eine Landwirtschaft, wie sie vor der Mechanisierung betrieben wurde. Kleine Felder, auf denen Mais oder Obst angebaut werden. Das Land wird mit Sensen, Spitzhacken und Schaufeln bearbeitet und die Erzeugnisse werden mit Schubkarren oder Karren transportiert. Wo das Land nicht eben ist, hüten Hirten Schafe, Ziegen und Kühe. Für die Personenbeförderung sind immer noch Pferde und Esel üblich. Es wundert also nicht, dass 41 % der albanischen Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt sind. Die Menschen sind freundlich, und da heute Sonntag ist, ein Ruhetag, winken und jubeln sie den vorbeifahrenden GS-Fahrer:innen freudig zu - besonders die Kinder. Mit jedem weiteren Kilometer überraschten und begeisterten die albanischen Landschaften und Menschen mehr.   

 

In den Bergen wurde die Fahrt zunehmend anspruchsvoll, da die Trails immer steilere Hänge hinauf- und hinunterführten. Die felsigen Trails mit losen Steinen, Sand und Auswaschungen erforderten absolute Aufmerksamkeit, vor allem dort, wo sie an Felskanten vorbeiführten. Eine besondere Steigung brachte die GS Trophy fast zum Stillstand: Starke Steigungen, hohe Felsstufen und loser Schotter machten ein Vorgehen erforderlich, bei dem sowohl Einsatzbereitschaft als auch eine gute Linienwahl nötig waren. Gelang dies nicht, war Teamwork gefragt, um gemeinsam oben anzukommen.

 

Danach kamen die GS-Fahrer:innen zu ihrer zweiten Sonderprüfung, der „Holta Enduro-Runde“. Bei dieser Etappe mussten die Fahrer:innen nacheinander ein Flussbett mit Felsen, Steinen, Schlamm und Wasser überwinden. Dabei folgten sie einem Kurs, der zweimal den Wasserlauf kreuzte und durch Schlamm wie auch über Steinbänke führte.

 

Den letzten Tagesabschnitt konnten die Fahrer:innen auf einer zweistündigen Trail-Fahrt über Pisten genießen, die sich durch Täler bergab und bergauf schlängeln. Wie immer mussten die Teilnehmer:innen bis zum Schluss konzentriert bleiben, denn Auswaschungen, Rinnen und Felsstufen konnten Unachtsame leicht ins Straucheln bringen.

 

Ziel war die fantastische Burg von Berat, eine ummauerte Festung auf einem Hügel mit einer Geschichte, die ebenso auf das Römische wie auf das Byzantinische Reich zurückgeht. Genauso beeindruckend ist die sie umgebende Stadt Berat. Die Berge, die sich unmittelbar im Osten erheben wie unter anderem der Tomorr (2416 m) verleihen der Umgebung etwas Alpines. Insgesamt waren die Fahrer:innen knapp 11 Stunden auf den Trails unterwegs. Eine „sanfte Einführung“, wie der sportliche Leiter der GS Trophy, Chris Zimmerman, es beschrieb.

 

Und der Wettbewerb? Viele erwarteten, dass das Team Südafrika, der Titelverteidiger, dominieren würde. Ausgesprochen kämpferisch zeigte sich jedoch das Team Großbritannien - das mit Siegen in beiden Sonderprüfungen frühzeitig deutlich in Führung ging. Das Team ist offensichtlich hoch motiviert und gut trainiert. Im Wettbewerb der Frauenteams wirkt das Team Deutschland mit einem 1. und einem 2. Platz in den beiden Tests genauso selbstbewusst. Mit einem 3. und einem 1. Rang liegt das Team Südafrika nur fünf Punkte zurück. Das verspricht, ein enger Wettbewerb zu werden.

 

Morgen führt die GS Trophy weiter nach Osten in die zentrale Gebirgskette auf eine Strecke, die zu 85 % aus Gelände besteht - sicher ein Härtetest für alle Teilnehmer:innen.

 

 

Zitate:

Warren Ventner, Team Südafrika: „Es war großartiger, als wir erwartet haben, und es entspricht unserer Fahrweise mit tollen, schwierigen Felspartien und anspruchsvollen Trails, - ein nettes, kleines Aufwärmtraining! Zur Mitte des Tages folgte eine großartige Bergauffahrt. Ein fantastischer Start.

 

Das Land ist beeindruckend: hinter jeder Ecke warten neue Aussichten, atemberaubende Landschaften und kleine, feine Restaurants oder Hotels mitten im Nirgendwo - wir fragen uns, wie sie überhaupt existieren können. Die Landwirtschaft ist, wie soll man sie beschreiben? - vielleicht am besten mit dem Begriff ‚manuell‘: Man sieht Männer mit Hacken, Schaufeln, Schubkarren, Pferdewagen. Ihre Frauen hüten die Kühe. Eine solche Landwirtschaft haben wir noch nicht erlebt. Der Lebensrhythmus ist hier ein ganz anderer. Die Kultur ist völlig anders.“

 

Valeria Zomazy, Frauenteam Mexiko: „Für mich lief es sehr gut. Ich bin sehr stolz auf meine Leistung heute, habe viel dafür trainiert und habe bei den Tests mein Bestes gegeben. Die Landschaften waren wunderschön. Es war aber ziemlich schwierig, alles zu würdigen, da die Strecke sehr technisch war und man die ganze Zeit auf die Piste achten musste. Das war nicht einfach. Ich war froh, dass es kühler war als an den Vortagen. Insgesamt ist es eine tolle Erfahrung und diese historische Burg als heutiges Ziel ist einfach großartig.“

 

 

Zusammenfassung von Tag 2.

Lage: Ohridsee, Albanien

Wetter: Sonne, 28º C, in den Bergen auf 16º C fallend

Kurs: 164 km: Von der Burg Berat zum Ohridsee

Geländearten: Asphalt 24 km, Bergtrails 140 km

Tests: SP1: Metzeler Challenge, SP2: Akrapovic Challenge

SP3: BMW Motorrad Quiz

Die drei bestplatzierten Männerteams: 
1. Thailand, 2. Vereinigtes Königreich, 3 Südafrika

Die drei bestplatzierten Frauenteams: 
1. Deutschland, 2. Mexiko, 3. Südafrika

 

 

Ohridsee, Albanien. Bei der BMW Motorrad International GS Trophy 2022 wurde es heute ernst, denn die Fahrer:innen waren lange neun Stunden auf Bergtrails unterwegs. Die Strecke führte durch das Zentralgebirge ostwärts bis an die Grenze zwischen Albanien und Mazedonien und endete am Ufer des Ohridsees.

 

Die GS Trophy-Fahrer:innen standen wieder einmal im Morgengrauen auf, doch heute ging es nicht direkt hinaus, sondern direkt hinein - in die erste Sonderprüfung des Tages, der Metzeler Challenge auf dem Gelände der Burg von Berat. Hier erwartete die Teams die Aufgabe, das Vorderrad einer BMW R 1250 GS auszubauen, mit ihm zu einer Kompressorpumpe zu laufen, den Reifen auf exakt 2,0 bar aufzupumpen und das Rad dann wieder einzubauen. Zum Schluss musste das Motorrad über die Ziellinie geschoben werden. Nichts leichter als das! Doch um dabei schnell zu sein, muss man seine Werkzeuggröße kennen, manche Dinge im Kopf haben, z. B. auf welcher Seite sich der ABS-Ring befindet, und außerdem muss man wissen, dass man für eine sichere Fahrt das Bremspedal pumpen sollte. Vertut man sich bei nur einem dieser Punkte, handelt man sich Strafpunkte ein. Und im Eifer des Gefechts können selbst den geübtesten Teams Fehler unterlaufen - und genau das passierte auch!

 

Nach dem Radwechsel machten sich die GS-Fahrer:innen auf den Weg in den Tomorr-Nationalpark, der für seine einzigartige Artenvielfalt bekannt und inzwischen auch geschützt ist. Die sich durch Buchen- und Kiefernwälder schlängelnden Trails, die aus einem Mix aus Kalksteinbrocken, Felsen, Sand und Schlamm bestanden, waren stellenweise von den Hinterlassenschaften der geschützten Wildtiere wie Wölfen und Wildschweinen übersät. Die erste Hälfte des Trails dominierte der beeindruckende Tomorr. Später führte der Trail hinunter in die breite Talsohle des Flusses Osum und bot eine ständig wechselnde, immer wieder überraschende Abfolge von Wildnis und ländlichen Ausblicken.

 

Um die Mitte des Tages erwartete die Fahrer:innen auf einer Hochweide in Gramsh die zweite Sonderprüfung, die Akrapovic Challenge - eine technische Trial-Prüfung gegen die Uhr mit den üblichen Strafen für Stöße, Kursabweichungen, Stürze usw. Der steile Auf- und Abstieg stellte die Geschicklichkeit und Nerven der Fahrer:innen auf die Probe und konfrontierte sie mit dem ewigen Dilemma, entweder langsamer zu fahren und Fehler zu reduzieren oder schneller zu fahren und die Strafen hoffentlich durch eine schnelle Zeit auszugleichen.

 

Am Nachmittag stand eine dreistündige Trail-Ausfahrt auf dem Programm, die erneut hinauf in die Berge des Zentralgebirges führte. Nach einem anstrengenden, steinigen Steigung erreichte der Trail mit 1524 m die höchste Höhe des Tages. Danach verlief er über eine Hochweidelandschaft, in der Hirten ihre Schafe hüteten. Nach der Durchquerung eines Waldes mit vielen Schlammlöchern und Felspartien - die für ein Höchstmaß an technischer Raffinesse sorgten - begann schließlich eine lange, einstündige Abfahrt zum Ziel und zum zweiten UNESCO-Welterbe der GS Trophy, dem Ohridsee, dem ältesten See Europas.

 

Nach der Auszählung der Testergebnisse des Tages haben wir einen neuen Spitzenreiter in der Männerwertung. Nachdem das britische Team heute in beiden Tests satte Strafen kassiert hat, führt nun das thailändische Team den Wettbewerb an. Gleichzeitig hat das amtierende Siegerteam Südafrika zu den Führenden aufgeschlossen. Bei den Frauen konnte das deutsche Team seine gute Form bestätigen und die Führung ausbauen. Team Mexiko hat Team Südafrika vom zweiten Platz verdrängt.

 

Morgen steht den GS-Fahrer:innen eine 200 km lange Strecke in Richtung Süden durch die Berge bevor, die nahe der Grenze zu Griechenland endet, auf der die GS Trophy die Erkundung dieses faszinierenden Landes fortsetzt.

  

Zitate:

Kyle Robertson, Team Vereinigtes Königreich: „Wir waren genauso überrascht wie alle anderen, dass wir gestern beide Tests gewonnen haben. Schließlich sind wir erst ein paar Mal als Team zusammen gefahren. Besser hätte es aber nicht laufen können. Heute war es umgekehrt, wir haben beim Radwechsel einen Fehler gemacht - ärgerlich, weil wir wussten, was zu tun war, aber im Eifer des Gefechts macht man eben schon mal Fehler. Auch beim Trial haben wir einige Fehler gemacht. Es ist nicht einfach, die Balance zwischen Geschwindigkeit und richtiger Umsetzung zu finden. Die heutige Fahrt war außergewöhnlich, die Schönheit dieses Landes ist atemberaubend. Ich werde nicht mehr nach Hause zurückkehren wollen, wenn das hier vorbei ist - muss ich das Motorrad wirklich zurückgeben?!“

 

Teresita Rivas, Frauenteam Lateinamerika: „Es ist so toll, hier zu sein. 2019 nahm ich am kolumbianischen Qualifier teil und schaffte es in den internationalen Qualifier der Frauen in Spanien, kam aber nicht unter die letzten Sechs, die nach Neuseeland fuhren. Dieses Mal sagte ein Freund: ‚Versuch es noch einmal, gib nicht auf. Schließlich hast du nichts zu verliere‘, und jetzt bin ich so froh, dass ich genau das getan habe. Was für eine wunderbare Erfahrung. Ich hatte eine Vorstellung davon, was mich in Albanien erwartet. Das war aber nichts im Vergleich zu dem, was ich vorfand, als ich tatsächlich hier ankam: Die Landschaft ist unglaublich schön. Das kann man sich im Kopf nicht ausmalen. Man muss es mit eigenen Augen gesehen haben.“

 

Zusammenfassung von Tag 3.

Lage: Farma Sotira, Albanien

Wetter: Sonne und Wolken, 18-26° C

Kurs: 200 km: vom Ohridsee zur Farma Sotira

Geländearten: 80 km Asphalt, 120 km Berg-/Wald-Trails

Tests: SP1: ADVANTEC Challenge, SP2: LEATT Enduro Trophy

Die drei bestplatzierten Männerteams: 
1. Vereinigtes Königreich, 2. Thailand, 3. Südafrika

Die drei bestplatzierten Frauenteams: 
1. Deutschland, 2. Südafrika, 3. Mexiko

 

 

Farma Sotira, Albanien. Die BMW Motorrad International GS Trophy 2022 machte sich heute im Eiltempo auf den Weg in den Süden! Mit 200 km, davon 120 km Wald- und Berg-Trails, war für den Tag ein klares Ziel vorgegeben. Die GS-Fahrer:innen preschten auf den sanft verlaufenden Bergpisten voran und kämpften auf den felsigen und schlammigen Wald-Trails um jeden Zentimeter.  

 

Der Tag begann vergleichsweise gemütlich mit einer Fahrt auf einem Höhenweg in die Hügel oberhalb des Ohridsees. Breite, fließende Trails auf einem Untergrund aus gut verdichteter roter Erde kamen der BMW R 1250 GS sehr entgegen, die sich durch ein sanftes, effizientes Vorankommen auszeichnet.

 

Innerhalb einer halben Stunde fuhren die GS-Fahrer:innen zu ihrer ersten Sonderprüfung des Tages, der ADVANTEC Challenge. Bei dieser Prüfung musste das gesamte Team in eine 15 x 15 m große Einzäunung auf einer Weide fahren, eine Flasche ADVANTEC-Öl von einem der Marshals abholen und sie dann, während des Fahrens, von einem Teammitglied zum nächsten weitergeben, ohne einen Fuß abzusetzen - oder zu stürzen. Erst als der dritte Fahrer die Flasche in seiner sicheren Obhut hatte, konnten die drei die Einzäunung verlassen und die Zeit wurde gestoppt. Ein hervorragender Test, der Aufschluss über das Handling der Maschine und die Aufmerksamkeit der Fahrer:innen, aber auch über ihr Planungsvermögen gab.

 

Danach ging es für die Fahrer:innen erneut auf die Landstraße, um einen Verbindungsetappe zu absolvieren, die sie, wie so oft bei der GS Trophy, mit verschiedenen Aspekten des albanischen Lebens in Berührung brachte. Wie immer begegneten sie den unterschiedlichsten Transportmitteln: vom Esel über einen motorisierten Obststand bis hin zu Fahrzeugen der Oberklasse. Immer aber waren die Menschen fröhlich und liebenswürdig.

In der zweiten Hälfte des Vormittags fuhren die GS-Fahrer:innen auf angenehmeren Trails in den Bergen. Dabei handelte es sich um gut gepflegte Schotterwege, die in die Berge hinaufführten und durch Kiefernwälder verliefen. An einer Stelle machten sie kurz an einem Kloster aus dem 18. Jahrhundert Halt. Anschließend erwartete die Teilnehmer:innen eine unvergessliche Fahrt. Diese Fahrt über eine perfekte Asphaltstraße, die sich auf- und abwärts, nach links und rechts durch die Berge schlängelte und nie länger als 100 m geradeaus verlief, bot wieder die Art des aktiven Fahrens, für das die BMW R 1250 GS einfach am besten ist.

 

Nach einer kleinen Imbisspause auf einer Hochebene starteten die Fahrer:innen in die zweite Tageshälfte - und in ein völlig unterschiedliches Abenteuer. Sie durchquerten einen Naturwald mit allen möglichen Laubbaumarten, die ein kühlendes Baumkronendach bildeten, die aber auch sehr viel Wasser auf dem Waldboden, vor allem aber auf den schmalen, sich durch das Unterholz kämpfenden Wegen zurückgehalten hatten. Nachdem sie sich am Morgen über eine Art Rallyepiste und fast schon eine Straßenrennstrecke erfreuen konnten, waren die Fahrer:innen jetzt mit schwierigen Endurobedingungen konfrontiert.

 

Die Strecke war eine Mischung aus steilen, steinigen Anstiegen und endlos vielen Schlammlöchern, von denen die Strecke übersät war. Sogar ein tiefer Fluss musste überquert werden. Es war, kurz gesagt, bis zum Schluss eine Herausforderung, der den Fahrer:innen den Schweiß auf die Stirn trieb und ein Lächeln ins Gesicht zauberte.

 

Diese Nachmittagsstrecke war eine unbeschreiblich beeindruckende Route. Nach fast neun Stunden Fahrt erreichten die Fahrer:innen schließlich den zweiten Test des Tages, der nur wenige Minuten vom Nachtlager bei der Unterkunft Farma Sotira entfernt, nahe der griechischen Grenze stattfand. 
Die „LEATT Enduro Trophy“ traf genau die Stimmung der Teamfahrer:innen, die einen kurzen Enduro-Kurs um einen Felsvorsprung herum absolvieren mussten. Im Hochgefühl der Erlebnisse dieses Tages meisterten die Teams den Test entschlossen und, wie man so schön sagt, mit Vollgas.

 

Morgen wird die GS Trophy eine Rundfahrt erleben, die bei der Farma Sotira startet und endet. Es wird der kürzeste Wettkampftag sein, aber voraussichtlich auch der technischste. 

 

 

 

Zitate:

Jim Duplease, Team USA: „Der heutige Tag war überwältigend, er übertraf alle meine Erwartungen. Der gesamte Trip ist Wahnsinn! Ich kann kaum glauben, welche Geschwindigkeit wir hingekriegt haben, ich hatte schon befürchtet, dass es heute so eine Art Tour werden könnte, aber dann verlief der Tag im absoluten Höchsttempo, so dass ich wirklich begeistert bin, hier zu sein. Es kümmert mich nicht einmal, wie wir im Wettkampf abschneiden, weil das Erlebnis schon so toll ist. Es geht auch nicht wirklich um den Wettbewerb, es geht darum, Leute aus anderen Ländern zu finden und sich mit ihnen auszutauschen, wie das Team aus Südkorea, die wirklich gut fahren, so dass ich mich gefreut habe, heute mit ihnen zusammen zu fahren - und unser Marshal war auch Feuer und Flamme. Einfach grandios.“

 

Tim Schlage, Team Deutschland: „Was für ein Tag! So viel Wasser. Manchmal sauberes Wasser bei der Flussüberquerung, aber dann auch wieder so viel schmutziges Wasser - große Löcher, 50-60 cm tief, und sehr viel Schlamm. Und tolle Bergstrecken, von Steinen übersät und sehr technisch - das gefällt mir! Aber der Tag war sehr, sehr hart. Wir fuhren zusammen mit dem Team aus UK und hatten einen großartigen Marshal, das war also ein perfekter Ride heute. 
Und auch unser Nachtlager ist einmalig, mitten auf einer Wiese umgeben von Pferden, Schafen, Enten, Hühnern - ein Ambiente, das Spaß macht!“

Hotel Empfehlungen Werbung

Zusammenfassung von Tag 4.

Lage: Farma Sotira, Albanien

Wetter: Sonne, in den Bergen auf 18º C fallend

Kurs: 125 km: Farma-Sotira-Schleife

Geländearten: 45 km Asphalt, 80 km Bergtrails

Tests: SP1: Farma Sotira Trial-Staffel, SP2: Navigations-Challenge,

SP3: Albanisches Slow Race

Die drei bestplatzierten Männerteams: 
1. Vereinigtes Königreich, 2. Südafrika, 3. Deutschland

Die drei bestplatzierten Frauenteams: 
1. Deutschland, 2. Mexiko, 3. Südafrika

 

 

Farma Sotira, Albanien. Weil die zweitkürzeste Tagesdistanz des Events anstand, könnte man meinen, der vierte Tag der BMW Motorrad International GS Trophy 2022 wäre eine Art ein Ruhetag. Doch das war er keineswegs. Setzte doch der Tageskurs, eine Schleife durch das Pindus-Gebirge, solide Trial-Fähigkeiten voraus, denn die Fahrer:innen mussten das Auf und Ab der Hänge tatsächlich auf schmalen Ziegenpfaden bewältigen. Und bei zwei der drei heutigen Sonderprüfungen kam es neben technischem Fahrkönnen auch wieder auf ihre Trial-Fähigkeiten an. 

 

Ob kurzer Tag oder nicht, die GS-Fahrer:innen mussten wieder im Morgengrauen aus den Federn nach einer Nacht, in welcher die Temperaturen stark gesunken waren. Auf ihren Motorrädern wurde ihnen aber schnell wieder warm, da schon der erste Asphaltabschnitt stark beschädigt war und höchste Konzentration erforderte. Kaum hatten sie die Offroad-Trails erreicht, war ihnen sofort klar, dass sie eine ordentliche Challenge vor sich hatten. Diese Trails hoben das Fahren am Berg auf ein ganz neues Niveau. Es ging um einen technischen Trial-Test, bei dem im ersten oder zweiten Gang auf der perfekten Linie und immer mit dem richtigen Grip im steilen Gelände zu fahren war ohne dabei mit den Füßen den Boden zu berühren. Die verschiedenen Untergründe, teils blanker Fels, teils Lehm und Kalksteinbrocken, teils loses Gestein - und das alles bei einer Steigung, die absoluten Einsatz erforderte - machten die Fahrt zu einem intensiven Erlebnis. Die Anstiege auf der Strecke waren schon furchteinflößend genug, aber sie waren nichts im Vergleich zu den riesigen Granitwänden der Pindus-Bergkette, die die Strecke überragten. Sie erhoben sich Tausende Meter aus dem Talgrund und waren wirklich atemberaubend. 

 

Die Fahrt bot auch eine Art Ökologieunterricht. Die Trails führten die Fahrer:innen unter das Blätterdach der in dieser Region weit verbreiteten Laubwälder. Und gerade als sie dachten, sie seien wahrscheinlich hundert Kilometer von jeder menschlichen Zivilisation entfernt, fuhren sie auf eine große Ziegen- und Schafherde zu, die denselben Weg eingeschlagen hatte wie sie selbst. Schafe, Ziegen, Hunde, Pferde, Hirten und natürlich BMW R 1250 GS, sie alle teilten sich die Strecke, so dass es zu einer Art morgendlichem Stau kam, wie ihn nur wenige je erleben werden - ziemlich ungewöhnlich, wie Tier und GS um das gleiche Stück Weg kämpften!

 

Die Abfahrt von den Berggipfeln war nicht weniger aufregend und anspruchsvoll, da die GS-Fahrer:innen alles daran setzten, die Kontrolle über ihre Motorräder zu behalten, während sie über ramponierte Steinpfade aus der Römerzeit schlitterten. Insgesamt wurden ihre Offroadfähigkeiten auf eine harte Probe gestellt und die Vielseitigkeit der R 1250 GS sowie die Zuverlässigkeit der Metzeler Karoo 4-Reifen eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

 

Nach ihrer Rückkehr zur Farma Sotira mussten sich die Fahrer:innen einer dreifachen Sonderprüfung unterziehen. Bei der ersten Prüfung, der Farma Sotira Trial-Staffel, mussten die drei (bzw. bei den Frauenteams zwei) Fahrer:innen jedes Teams einen Abschnitt eines erweiterten Trial-Kurses bewältigen. Zuerst musste ein Fluss in einem Wald überquert werden, wobei es zweimal am Ufer entlang und durch das aufspritzende Wasser ging; dann war eine Reihe enger Kurven bei vollem Lenkeinschlag und mit einem Baumstammhindernis zu meistern; den dritten Teil bildete ein Slalom-Parcours. Am Ende trafen sich die drei wieder, um die letzte GS auf einen Anhänger zu laden und zu sichern, der dann von einem Ineos Grenadier weggebracht wurde.

 

Danach traten die Teams zur Navigations-Challenge an, bei der sie auf Zeit mit einem BMW GPS-Navigationsgerät einen Wegpunkt im Wald finden, dort von einem weiteren Navigationsgerät neue Koordinaten in das ihrige GPS-Gerät übertragen und dann zum Start zurückkehren mussten. Zu Fuß. Beim Laufen durch den Wald, zwischen niedrig hängenden Ästen und Büschen hindurch, handelten sich die Fahrer:innen wahrscheinlich mehr blaue Flecken ein als bei der bisherigen Fahrt insgesamt.

 

Letzter Test des Tages war das Albanische Slow Race, inzwischen so etwas wie eine Tradition bei der GS Trophy. Dabei fahren alle Fahrer:innen des Teams einen 100 m langen Parcours so langsam wie möglich, ohne ihre 1 m breite Bahn zu verlassen und ohne einen Fuß auf den Boden zu setzen. Gewinner ist das Team mit der längsten Gesamtzeit.

 

Die heutigen Challenges kamen den Stärken von Team Südafrika entgegen, das den Löwenanteil der Punkte im Wettbewerb der Männerteams holte und jetzt nur noch durch einen Punkt von dem weiterhin in Führung liegenden Team UK getrennt ist. Auch Team Deutschland holte viele Punkte und verdrängte Team Thailand aus den Top 3. Im Wettbewerb der Frauenteams gab es weniger Veränderung. Team Deutschland bestätigte seine starke Form. Team Mexiko hatte einen guten Tag und eroberte den zweiten Platz von Team Südafrika zurück.

Zitate:

Esther Pinzon, Frauenteam Lateinamerika: „Die heutige Fahrt war fantastisch. Die Strecke war technisch sehr, sehr anspruchsvoll, aber auch sehr schön. Ich habe alle Anstiege geschafft - und das musste ich auch, denn ich kann den Boden mit meinen Füßen kaum erreichen! Es war sehr unterhaltsam, die Aussicht auf die Berge war grandios, und obendrein hatten wir noch das Vergnügen, Ziegen und Schafen auf dem Trail zu begegnen. Der heutige und gestrige Tag sind meine bisherigen Lieblingstage. Ich habe die R 1250 GS wirklich sehr zu schätzen gelernt - ich liebe den Grip der Reifen, ich liebe das Motorrad. Ich finde sein Ansprechverhalten fantastisch, einfach perfekt. Jetzt will ich auch eine! Zu Hause habe ich eine G 650, aber jetzt, nachdem ich dieses Motorrad gefahren bin, brauche ich genau das in meinem Leben. Die 1250 GS ist so einfach und angenehm zu fahren.“

 

Adib Javanmardi, Team Indien: „Heute war es toll. Wir hatten schon mit einem irren Offroad-Abschnitt gerechnet und haben ihn mit einem großartigen Teamspirit gut gemeistert. Wir kamen überall als Erste an: am Lunchort, an der Tankstelle und zurück zum Camp! Uns gefiel das Technische. Im Wald trafen wir stellenweise auf Schlamm. Wir duckten uns unter Ästen, fuhren über sandige Hügel. Es war technisch alles sehr anspruchsvoll, eine tolle Challenge. Der schwierigste Teil des Tages war für mich persönlich die Navigations-Challenge. Ich bin zwischen den Bäumen und Dornenbüschen durchgerast und habe mir viele Kratzer und blaue Flecken eingehandelt! Insgesamt hatten wir im Team Indien bisher eine tolle Zeit. Wir haben uns näher kennen gelernt, finden es aber auch schön, all den anderen GS-Fahrer:innen aus der ganzen Welt zu begegnen. Was wirklich zählt, ist Freunde fürs Leben zu finden. Bis jetzt ist es eine fantastische Erfahrung. Wir können nur hoffen, dass die nächsten drei Tage nicht zu schnell vorübergehen. Wir wollen einfach nicht, dass dieses Event zu Ende geht.“

 

BMW Motorrad International GS Trophy 2022 – Southeast Europe.
Tag 4, Gesamtwertung:

 

Männerteams:
1. Vereinigtes Königreich 137 Punkte
2. Südafrika 136
3. Deutschland 115
4. Thailand 110
5. China 2020 101
6. Südkorea 89
7. Niederlande 86
8. USA 83
9. China 2022 77
10. Indien 75
11. Brasilien 70  
12. Lateinamerika 67
13. Japan 63
14. Mexiko 60
15. Frankreich 59

Frauenteams:
1. Deutschland 187
2. Mexiko 162
3. Südafrika 156
4. Frankreich 146
5. Lateinamerika 142
6. Brasilien 100

 

Morgen, am fünften von sieben Tagen, steht den GS-Fahrer:innen auf dem Weg an die Adriaküste eine Strecke von 210 km in Richtung Osten bevor.